Leserbriefe zur neuen Herisauer Gemeindeordnung
Hans-Ulrich Sturzenegger, Herisau
Am 18. Juni stimmt die Herisauer Stimmbevölkerung über die neue Gemeindeordnung ab. Ein Werk, welches eine fast dreijährige Entstehungsgeschichte hinter sich hat, mit Vernehmlassung, Volksdiskussion und drei Lesungen im Einwohnerrat. Die nun vorliegende Gemeindeordnung ist also das Produkt eines demokratischen Prozesses, während dem alle Beteiligten Kompromisse eingehen mussten, um gemeinsam zu einer tragfähigen Lösung zu gelangen. Neuerungen wie die Artikel zu Information und Kommunikation, zur Sprechstunde für Einwohnerinnen und Einwohner wie auch für eine Ombudsstelle sind zeitgemäss und führen zu mehr Volksnähe. Für das fakultative Referendum für Voranschlag und Steuerfuss wird uns eine Abstimmungsvorlage mit Eventualantrag unterbreitet. 2012 hat aber das Herisauer Stimmvolk diese Zuständigkeit an den Einwohnerrat delegiert, der in seiner Funktion die Vertretung der Herisauer Stimmvolks ist. Dies hat sich seither aus meiner Sicht bewährt. Die Debatten im Einwohnerrat zeigen, dass sich dieser seiner Verantwortung im Sinn der Bevölkerung bewusst ist und diese auch differenziert wahrnimmt. Vorgesehen ist zudem, dass das Stimmvolk bei grossen finanziellen Ausgaben mittels fakultativen oder obligatorischen Referendums immer wird mitbestimmen kann. Ich stimme deshalb am 18. Juni mit Überzeugung Ja zur neuen Gemeindeordnung ohne fakultativem Referendum für Voranschlag und Festsetzung des Steuerfusses.
Peter Erny, Herisau
Es ist doch schon sehr seltsam, wenn in der neuen Gemeindeordnung das fakultative Referendum für das Budget sowie einer allfälligen Steuererhöhung willkürliche 500 Unterschriften innert 30 Tagen vorgesehen sind. Für z.B. eine Zonenplanänderung oder ein anderes ebenso wichtiges Anliegen braucht es aber lediglich 200 Unterschriften (bei der jetzigen Gemeindeordnung nur 100). Ist dies etwa ein Misstrauensantrag an die Stimmbevölkerung? Ich erwarte gleichlange Spiesse für alle Volksanliegen und stimme deshalb Nein zur neuen Gemeindeordnung. Der Einwohnerrat soll diese Chance nochmals nutzen, um eine bürgerfreundliche und demokratische Gemeindeordnung zu erstellen.
Nelly Mühlemann, Herisau
Um die unten folgenden Fragen zu verstehen, müssen die Abstimmenden sich durch den mehrseitigen Text der neuen Gemeindeordnung graben. Der Text ist nicht leicht und flüssig zu lesen. Anschliessend kann man die komplizierten Abstimmungsfragen studieren.
Frage a) und b) können mit doppeltem Nein, doppeltem Ja, Nein Ja oder Ja Nein beantwortet werden. Erst danach kann man sich der Stichfrage zuwenden. Bei einem doppelten Nein entfällt diese. Bei doppeltem Ja, Ja Nein oder Nein Ja hat man die Qual der Wahl. Man darf aber auch gar nichts ankreuzen, nur zwei Kreuze darf man gar nicht setzen.
Frage a) lautet: Wollen Sie die totalrevidierte Gemeindeordnung ohne fakultatives Referendum für Voranschlag und Festsetzung des Steuerfusses (Art. 23 lit. B der Gemeindeordnung, Revisionsentwurf) annehmen?
Frage b) lautet: Wollen Sie die totalrevidierte Gemeindeordnung mit fakultativem Referendum für Voranschlag und Festsetzung des Steuerfusses (Art. 11 Abs. 1 der Gemeindeordnung Eventualfrage) annehmen?
Stichfrage c) lautet: Bevorzugen Sie die Gemeindeordnung ohne fakultatives Referendum oder mit fakultativem Referendum für Voranschlag und Festsetzung des Steuerfusses?
Ich werde ein doppeltes NEIN einlegen, weil den Abstimmenden ein verzwickter Abstimmungstext vorgelegt wird. Ein weiterer Punkt für meine Ablehnung ist das fakultative Referendum. Bei Budgetfragen müssen sogar 500 Unterschriften gesammelt werden.
Peter Alder, Herisau
Mehr als die Hälfte aller jährlichen Volksabstimmungen weltweit finden in der Schweiz statt – das hat Tradition und ist einzigartig. Um stimmen zu können, muss man das Schweizer Bürgerrecht besitzen – auch das ist seit jeher so. Herisau soll nun mit diesen Traditionen brechen und mit der neuen Gemeindeordnung das Ausländerstimm- und -wahlrecht einführen? Ein Besuch im Gemeindehaus oder gar eine E-Mail soll reichen, um plötzlich stimmberechtigt zu sein? Nein. Wer sich für unsere Schweizer Werte, das Demokratiesystem und die Mitbestimmung interessiert, der bemüht sich um das Bürgerrecht. Alles andere ist eine Aushebelung der funktionierenden Volksrechte und ungerechtfertigt. Integration erfolgt durch ein ordentliches Einbürgerungsverfahren und nicht durch das Ausländerstimmrecht. Ich stimme entschieden 2x Nein zur neuen Gemeindeordnung, damit eine neue, demokratischere Fassung ausgearbeitet werden kann.
Christian Oertle, Herisau
Damit ein Referendum auf Gemeindeebene zustande kommt, sind bislang 100 Unterschriften nötig. In der neuen Gemeindeordnung sind jedoch plötzlich 200 Unterschriften vorgesehen, gar 500 wenn es um das Budget oder Steuererhöhungen geht. Dieses “Buebetrickli” der Gemeinde hebelt ganz bewusst die Demokratie mit willkürlich hohen Hürden aus, um sicherzustellen, dass sich das Volk kaum mehr gegen höhere Steuern und ungezügelte Ausgaben wehren kann. - Herisau verdient die Chance auf eine demokratischere Überarbeitung der aktuell vorliegenden Gemeindeordnung.
Josef Brunner, Herisau
Die neue Gemeindeordnung hebelt die Demokratie aus. Neu 200 Unterschriften, eine Verdoppelung für alle Anliegen, wohlverstanden bei gleicher Einwohnerzahl. Steuererhöhung vors Volk neu 500 Unterschriften. Wehret euch den Anfängen, es braucht dringend ein Nein für das politische Buebetrickli. Wollen Sie eine Steuererhöhung? Wollen Sie, dass der Gemeinderat weiterhin Transaktionen innerhalb des Finanzvermögens tätigen kann, ohne den Einwohnerrat oder das Volk zu fragen, wie beispielsweise das Kempf Areal in Millionenhöhe? Wollen Sie, dass der Gemeinderat wie in Rapperswil-Jona plötzlich Land verkaufen kann, ohne das Volk zu fragen? Wollen Sie, dass der Einwohnerrat weiterhin den Finanzplan nur zur Kenntnis nehmen kann? Somit werden sämtliche Frühwarnsysteme und Mitsprachen ausgeschaltet! Wollen Sie, dass der Gemeinderat jedes Jahr mehr Schulden zu Lasten unser Nachkommen macht? Wollen Sie, dass endlich Notwendiges und Wünschenswertes unterschieden werden? All die Fragen sind in der neuen Gemeindeordnung nicht geregelt. Fazit: Entweder geben wir dem Einwohnerrat mehr Rechte und Pflichten oder wir schaffen ihn ab! Es geht hier nämlich um nichts weniger, als um die Verfassung oder das Grundgesetz unserer Gemeinde. Das Geschäftsreglement des Einwohnerrates ist ebenfalls wichtig, damit die Herisauer Legislative im Spannungsfeld zwischen Gemeinderat und dem Volk als höchste Instanz funktionieren kann.
Mit einem Nein zur Gemeindeordnung haben Sie keinen einzigen Nachteil – im Gegenteil: Sie können nur gewinnen. Ich will eine Gemeindeordnung für die gesamte Bevölkerung, der Zeit angepasst, und mehr Demokratie. Das Schauermärchen, dass mit einem «Nein» die Steuererhöhung vor dem Volk versenkt wird, stimmt meiner Meinung nach nicht. Auch ich befürworte eine Steuererhöhung vor dem Volk. Es gibt aber andere Mittel, die zum Ziel führen, statt Raubbau zu betreiben. Stimmen Sie deshalb mit Überzeugung «Nein» zur neuen Gemeindeordnung am 18. Juni.
Emmy Zürcher, Herisau
Zur Abstimmung vom 18. Juni muss schon mal Gegensteuer gegeben werden. Allein die verwirrlichen Fragestellungen im vorliegenden und noch nicht abschliessenden Abstimmungsedikt sind eine Zumutung für das Stimmvolk. Es ist eine Tatsache, dass auch Milizpolitiker damit ihre Mühe bekunden. Steckt hinter dem Vorgehen Willkür des Gemeinderates? Deshalb ein klares Nein zur neuen Gemeindeordnung aus den folgenden Gründen: Eine Verdoppelung der Unterschriftenzahl für das Referendum von bisher 100 auf 200 Unterschriften, für ein Referendum bei Budget und Steuererhöhung braucht es 500 Unterschriften. Warum sollen Stimmvolk und Steuerzahler beim Steuerfuss und Budget nur mit Hindernissen mitbestimmen dürfen? Wir leben in einer Demokratie und wünschen uns eine lösungsorientierte und verlässliche Politik. Deshalb wäre ein obligatorisches Referendum für Budget und Steuererhöhung zwingend, es ist das Instrument der direkten Demokratie. Auch das Ausländerstimmrecht darf nicht a priori verscherbelt werden, nur der Weg über die Einbürgerung soll zum Stimmrecht führen. Aus all diesen Gründen wünschen wir uns eine zeitgemässe, verständliche und demokratische Gemeindeordnung.
Willi Bösch, Herisau
Die neue Herisauer Gemeindeordnung sieht das Ausländer-Stimmrecht vor. Da ich selbst eine gewisse Zeit in der Bürgerrechtskommission tätig gewesen bin, bin ich aus folgenden Gründen dagegen: Die Schweizer Staatsbürgerschaft ist gerade in Herisau keine grosse Hürde und finanziell für alle tragbar. In der Vergangenheit wurde äusserst selten ein solcher Antrag um Einbürgerung abgelehnt (z.B. wegen krimineller Tätigkeiten oder mangelnder Integration). Ich schaue eine Einbürgerung als letzten Akt der Integration an, um das Stimmrecht zu erlangen. Dies sollte vom ganzen Kanton in seiner neuen Kantonsverfassung geregelt werden und nicht jetzt schon vorauseilend in der neuen Gemeindeordnung. Deshalb stimme ich gegen die neue Herisauer Gemeindeordnung.
Werner Messmer, Schachen
In der bisherigen Gemeindeordnung reichten 100 Unterschriften für ein Referendum, das soll in der zur Abstimmung gelangenden auf 200 erhöht werden. Befremdlich wirkt, dass für das Ergreifen des Referendums zu Budget und Steuererhöhung 500 Unterschriften verlangt werden. Diese müssten dann nach der Budgetsitzung im November innert 30 Tagen gesammelt werden, fast ein Ding der Unmöglichkeit. Wenn man weiter bedenkt, dass für ein Kantonsreferendum nur 300 Unterschriften benötigt werden, sieht man den vom Einwohnerrat genehmigten, undemokratischen Irrsinn. In der Abstimmung vom 18. Juni soll auch das Stimm- und Wahlrecht für Ausländer eingeführt werden, dazu ein klares Nein. Wer bei uns Wohnsitz nimmt und sich Integriert, kann sich ohne grosse Hürden einbürgern lassen und auf diesem Weg das Stimm- und Wahlrecht erlangen. Mit einem Nein zur neuen Gemeindeordnung bleibt die bisherige in Kraft und gibt dem Gemeinderat die Gelegenheit zur Ausarbeitung einer neuen, bürgerfreundlichen Vorlage.